Irgendwie klingt es paradox, wenn man hört (liest), dass ein Bandscheibenvorfall Auslöser für die Teilnahme an der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft war und außerdem dazu führte, dass Wilfried Behrens sogar die Abteilung Leichtathletik bei der TSG Nordholz übernahm. Doch der Reihe nach.

Weil Wilfrieds Vater als Wachmann bei der Bundeswehr in Nordholz arbeitete, zog die Familie 1968 von Dorum hierher. In Nordholz beendete Wilfried die Schule, begann dann eine Lehre als Fliesenleger in einem Cuxhavener Betrieb. Dort blieb er noch drei Jahre als Geselle, bevor er dann innerhalb von Cuxhaven die Firma wechselte. Viele Jahre übte er den körperlich sehr fordernden Beruf aus, bis es 2007 aus war mit Fliesen schleppen und Granitstufen stemmen. Wenn er sich bücken muss, bereitet ihm der Bandscheibenvorfall noch heute Schmerzen.

Davon wusste der junge Wilfried aber zum Glück noch nichts, als er 1977 seine Marianne heiratete. Bis nach Lamstedt führte der Weg, um der Liebe seines Lebens zu begegnen. Denn sein Bruder war mit einer Lamstedterin "verbandelt", die eine Freundin hatte: Marianne.

Schon zwei Jahre nach der Hochzeit begann der Hausbau. Im ruhig gelegenen Rosenweg entstand – natürlich mit viel Eigenarbeit - ein Einfamilienhaus, in dem die 1980 geborene Tochter Stefanie ausreichend Platz zum Spielen hatte. Und Wilfried konnte im Keller eine große Modelleisenbahn aufbauen, die aber, wie er bedauernd feststellte, seit langer Zeit still steht. Früher hatte er zahlreiche, aufregende Stunden mit dem Auf- und Umbau verbracht und zur Freude seiner Tochter die Züge durch die (Keller-)Landschaft brausen lassen.

1973, noch fit und gesund, trat der heute bald 65jährige in die TSG Nordholz ein. Seine sportliche Leidenschaft galt dem Handball. Doch schon nach drei Jahren beendeten verschiedene Ereignisse - der Tod des Vaters, die Hochzeit und der Hausbau - die Karriere als Handballer. Es war aber nicht seine Schuld, dass sich diese Abteilung bald darauf auflöste..... Wilfried wurde passives Mitglied.

Und dann begann langsam der gesundheitliche Ab- und sportliche Aufstieg des Familienvaters. Während eines Kuraufenthaltes aufgrund seiner Rückenschmerzen, empfahl ihm der Arzt Ausdauersport. Kaum aus der Kur zurück, ging es ins Fitness-Center nach Cuxhaven. Dort lief Wilfried über eine Stunde, er wird mir den Vergleich verzeihen – wie ein Hamster - zwar nicht im Laufrad, aber auf dem Laufband. Später dann der rettende Gedanke: "Ich kann ja ebenso gut draußen laufen" und so absolvierte er 2002 seinen ersten Volkslauf, allerdings noch nicht für unseren Verein. Das brachte Rita Schwarz, "Mitläuferin" und TSG-Mitglied, auf den Plan. Sie fragte, ob er nicht für die TSG laufen wolle. „Warum nicht“, erzählte Wilfried, „ich trat also in die Leichtathletik-Abteilung ein“. Die Deutsche Meisterschaft hatte der Läufer nicht angestrebt, aber „ich wollte und habe meine Leistungen ständig verbessert". Sein Schmunzeln veranlasste mich zu der Nachfrage, was es zu grinsen gäbe. „Immerhin wurde ich 2003 Kreismeister beim Cross-Volkslauf im Wernerwald“. Mein bewundernder Blick brachte ihn vollends zum Lachen: „Ich war der einzige Teilnehmer in meiner Altersklasse“. Jetzt galt meine Bewunderung seiner Ehrlichkeit. Und außerdem kam dann ja auch noch heraus, dass er über die Distanz von 1500 und 3000 Meter sogar gegen Konkurrenz Kreismeister wurde.

Am liebsten erinnert sich der Leichtathlet an den 24-Stunden-Staffel-Lauf in Hamburg (2004). "Kalte Temperaturen mit Hagel und Regen in der Nacht, am Tag dann zum Glück Sonnenschein, das war schon aufregend und einen zufriedenstellenden Platz erreichten wir neun Staffelläufer mit Monika Göke, damals noch Meyer, als einzige Frau in unserem Team, auch noch". Die Läufer/in aus Nordholz bewältigten damals übrigens 296 Kilometer, nachzulesen in einem Zeitungsartikel, von Wilfried ordentlich abgelegt. Schon 2005 folgte "bester Läufer beim Halbmarathon" (ca. 21 km, 1:49:44). Außerdem erneute Teilnahme an der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaft, 10 km Straßenlauf. Diesmal gegen zahlreiche Konkurrenten. "Aus Spaß am Laufen, nicht aus Ehrgeiz", betonte mein Gesprächspartner und freute sich immer noch über den 24. Platz.

Dann kam 2007 die Berufsunfähigkeit aufgrund der immer stärker auftretenden Schmerzen. Im selben Jahr gab der damalige Abteilungsleiter Leichtathletik, Peter Krix, sein Amt auf. Es dauerte nicht lange, bis Helge Rothenberg, zu diesem Zeitpunkt 1. Vorsitzender der TSG Nordholz, der Meinung war, dass Wilfried jetzt ja genug Zeit hätte, den Abteilungsleiterjob zu übernehmen. Wilfried lächelte ein bisschen verlegen. "Ganz ehrlich, so richtig zugetraut hatte ich mir das ja anfangs nicht", trotzdem nahm Wilfried 2008 das Amt an. Seit der Zeit erfährt die Abteilung einen rasanten Aufschwung, auch durch die guten Trainer, die ihm zur Seite stehen,. Selber trainiert Wilfried die Mitglieder nicht, "Ich habe genug mit dem Schreibkram zu tun". Und vor allem musste er sich ja erst einmal selber fit für das Ehrenamt machen. Dazu gehörte eine Ausbildung zum Kampfrichter, um die zahlreichen Bestimmungen (wer was wie und wann machen muss) zu kennen.

Das Buch "Internationale Wettkampfregeln" ist zwar klein, aber dick! Es begann die Zeit der zahlreichen Eingaben, Ausschreibungen, Anmeldungen beim Niedersächsischen Landesverband (NLV), Genehmigungen beim Landkreis, Plakate, Flyer, Berichte und Zeitungsankündigungen. Außerdem müssen die Veranstaltungen sowie die Helfer (Aufbau. Zeitnehmer usw.) dafür organisiert werden.

Nach den von der TSG Nordholz organisierten Läufen erwarten NLV und Statistiker (Bezirk, Kreis) die Ergebnislisten zum Übertragen in die Bestenlisten. Natürlich ist Wilfried auch Ansprechpartner für seine Mitglieder, Vermittler zwischen Trainer und Vorstand. Wenn nicht in Nordholz für die TSG beschäftigt, hilft der Abteilungsleiter als Kampfrichter in den Vereinen im Landkreis aus. Außerdem fungiert er auch, besonders beim TV Langen, als Auswerter.

Wer hätte gedacht, dass man zum Abfeuern einer Wettkampf-Starterpistole eine spezielle Ausbildung braucht? 2014 legte Wilfried dafür eine Starter-Prüfung ab. Die Ausbildung als Obmann folgte jetzt 2018. Der Obmann steht über dem Kampfrichter und ist verantwortlich für den Ablauf der einzelnen Disziplinen (Laufen, Weitsprung, Ballwerfen, Hochsprung, Diskus- und Speerwerfen, Kugelstoßen). Man sieht (liest), so ein Abteilungsleiter hat wirklich viel zu tun.

Elfie